Freitag, 23. Oktober 2009

Anreise

Treffen ab 6:00 Uhr an der Musikschule. Wir gehen zu Fuß und kommen um Viertel nach an. Frau Witt erscheint als letzte kurz vor der Abfahrt. Unser Fahrzeug sieht aus wie ein Stadtbus, erreicht aber problemlos den Flughafen. Der Gepäckraum ist zu klein. Wir haben zusätzlich einen Transporter dabei. Einige Koffer müssen zwischen den Sitzen verstaut werden.

Bei der Fahrt können wir uns kaum orientieren, die Scheiben sind beschlagen. Es gibt viel zu besprechen. Jede Sängerin erhält in alphabetischer Reihenfolge eine Nummer. Das Tempo beim Durchzählen wird zukünftig noch steigerbar sein. Zum Üben dafür bleibt uns genug Zeit.

Schon ist das Terminal in Sicht. Wir nehmen den vorletzten Busparkplatz und laden die Koffer aus. In einer langgezogenen Schlange ziehen wir mit unserem Gepäck nach Halle B. Der Frankfurter Flughafen ist wirklich groß, stellen viele fest.

Die Check-In Schalter sind noch nicht besetzt. Ein Mitarbeiter der Fluggesellschaft versucht uns das folgende Procedere zu erklären. Wir sind noch nicht ganz wach und träge. Es dauert eine Weile, bis wir uns richtig aufgestellt haben.

Beim Einchecken sind die Schüler in kleinen Gruppen zum ersten Mal auf sich selbst gestellt. Man fragt sie merkwürdige Dinge: Wer die Koffer gepackt hätte, und wann, wo sie sich bislang auf dem Flughafen befanden, ob das Gepäck immer im Blickfeld war, was sie überhaupt dabei hätten. Überrascht ob des scheinbar großen Interesses werden alle Fragen brav beantwortet, danach die Koffer beschriftet und am Schalter abgegeben. Im Gegenzug erhält jeder seine Bordkarte.

Der Tross versammelt sich und bewegt sich fort zum Gate 6 in Halle C. Am Flughafen wird umgebaut, der Weg erscheint umständlich und weit. Die erste Hürde Passkontrolle ist schnell genommen. Nach erneutem Warten wird unser Gepäck durchleuchtet. Wir müssen uns aller metallischen Gegenstände entledigen, sie in Plastikschalen verstauen. Über ein Fließband durchqueren sie ein Gerät, in dem die Taschen durchleuchtet werden. Fotografieren ist verboten.

Wer die erneuten merkwürdigen Fragen nicht versteht und gutgläubig verdächtige Antworten gibt, muss mit in eine Spezialkabine, wo er gründlich nach unerlaubten Mitbringseln untersucht wird. Schließlich dürfen alle die Kontrolle zur Weiterreise passieren. Wir nehmen Platz am Gate und warten, eine gute Stunde.

Der Innenraum des Fliegers ist mächtig. Das Gros der Gruppe sitzt zusammen in vier 8er-Reihen, der Rest wurde in kleineren Portionen weit gestreut. Es gibt auch zwei Einzelplätze. Beim Start muss jeder den ihm zugeteilten Sitz einnehmen. Nachdem wir die Flughöhe erreicht haben, werden zu allererst die Plätze getauscht. Das sorgt für einige Verwirrung beim ruppigen Bordpersonal und macht uns nicht beliebt.

Der Flug ist ruhig, vor allem aber für die, die fliegen nicht gewöhnt sind, ein Erlebnis. Wir müssen Formulare mit weiteren Fragen ausfüllen und nach der glücklichen Landung bei der Einreisekontrolle vorlegen. Wieder ist jeder auf sich alleine gestellt. Die erneuten bohrenden Fragen sind jetzt aber mit guten Wünschen für die Reise garniert, was die Schüler positiv auf die USA einstimmt. Wir sind alle sehr gespannt und finden schnell und ohne Verluste unsere Koffer am Band vor. Der Gang zur Toilette und ein letztes Durchzählen eröffnen uns den finalen Weg durch den Zoll. Wir sind gut angekommen.

Mittlerweile ist es gegen 15:00 Uhr Ortszeit, 20:00 Uhr deutsche Zeit. Frau Wende-Minch empfängt uns in der Ankunftshalle und wird mit einem Ständchen begrüßt. Entspannung setzt ein. Nach einiger Zeit erreichen wir den Bus. Wieder passt das Gepäck nur gerade so hinein. Das Wetter ist relativ warm, feucht und trüb. Auf der Fahrt bekommen wir einen ersten verheißungsvollen Eindruck vom Land der ungeahnten Möglichkeiten.

Schon von Ferne ist Downtown Philadelphia mit seinen Wolkenkratzern zur erkennen. Wir fahren an verschiedenen bedeutenden Orten vorbei und erhalten so eine erste Orientierung innerhalb der 2-Millionen-Stadt. Die Fahrt dauert eine knappe Stunde und führt uns zuletzt durch weit gestreute Wohngebiete. Manches ist so, wie man es sich vorgestellt hat. Die breiten Straßen zum Beispiel und die großen Gärten. Die Wohnhäuser selbst überraschen. Sie sind um die 100 Jahre alt, massiv gebaut, häufig mit Ziegelfassaden, reich verziert und mit allerlei Holzwerk ausgestattet, im Dach und im Zusammenhang mit Vorbauten wie Veranden und der gleichen.

Unser erstes Ziel ist Rosie´s Haus, wo wir zu einem Potluck-Dinner geladen sind. Schnell ist klar, dass wir nicht in der schlechtesten Gegend von Philadelphia gelandet sind. Der Garten gleicht einem Park, das Haus einem adligen Landsitz. Jeder Heidelberger würde das Anwesen als einen Traum bezeichnen.

Mit 42 Personen und noch mehr Gepäckstücken fallen wir ein. Sämtliche Koffer können auf der Veranda verstaut werden. Wir sind beeindruckt. Allein die Halle mit der Treppe zu den Schlafräumen scheint die Größe eines kleineren Reihenhauses zu haben. Nach dem Essen am üppig bestückten Buffet versammeln sich alle Sänger auf der Treppe und halten den Gasteltern ein Ständchen. Knapp 100 Personen in einem Treppenhaus …

Dann endlich, nach ersten herzlichen Willkommensgesprächen, werden die Sängerinnen paarweise auf ihre Gasteltern verteilt und fahren erwartungsvoll mit ihnen nach Hause …